von Robin von Eltz | 5. November 2021 | Allgemein
Nach einem von meiner Kanzlei erstrittenen Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 30.09.2021 – S 26 AS 1381/20 ist bei der Anrechnung einer Kindergeldnachzahlung auf Leistungen nach dem SGB II für jeden Monat der Nachzahlung die Versicherungspauschale von 30 € in Abzug zu bringen.
Begründet hat das Gericht seine Entscheidung mit der Rechtsprechung des BSG zu nachgezahltem Arbeitsentgelt. Danach muss das Jobcenter bei der Anrechnung der Nachzahlung für jeden Monat für den nachgezahlt worden ist den Grundfreibetrag von 100 € in Abzug bringen (vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2014 – B 14 AS 25/13 R). Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung des Sozialgerichts Hildesheim auf die Konstellation der Nachzahlung von Kindergeld übertragbar.
Auch das BSG selbst scheint diese Ansicht zu vertreten. Denn das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte mit Urteil vom 08.09.2020 – L 7 AS 354/19 noch entschieden, dass die Versicherungspauschale bei einer Kindergeldnachzahlung nicht mehrfach in Abzug zu bringen ist. Dagegen war Revision eingelegt worden und das Jobcenter erkannte den Anspruch nach einem rechtlichen Hinweis des BSG in der mündlichen Verhandlung an (B 4 AS 78/20 R – Terminsbericht).
von Robin von Eltz | 18. Juni 2021 | Allgemein
Häufig kann eine Wohnung nur mit einem Stellplatz oder Garage angemietet werden. Der Stellplatz / die Garage gehört dann zur Wohnung dazu und es gibt dafür auch keinen gesonderten Mietvertrag.
In diesen Fällen aktzeptieren die Jobcenter die zusätzlichen Kosten für Stellplatz / Garage häufig nicht als Kosten der Unterkunft. Vielmehr werden diese herausgerechnet und der Leistungsbezieher muss die Kosten selber tragen.
Dieser Praxis hat das BSG nun mit Urteil vom 19.05.2021 – B 14 AS 39/20 R einen Riegel vorgeschoben. Danach sind diese Zusatzkosten vom Jobcenter zu übernehmen, wenn Wohnung und Stellplatz / Garage Bestandteile eines einheitlichen Mietverhältnisses sind, eine Teilkündigung bezogen auf den Stellplatz / Garage nicht möglich und die Gesamtmiete angemessen ist. Es besteht dann auch keine Pflicht des Leistungsbeziehers, den Stellplatz / die Garage unterzuvermieten.
von Robin von Eltz | 26. Mai 2021 | Allgemein
Das BSG hat mit Urteil vom 04.03.2021 – B 11 AL 05/20 R festgestellt, dass ein Anspruch eines Sozialleistungsträger auf Erstattung überzahlter Leistungen vier Jahre nach Bestandskraft des Erstattungsbescheides verjährt.
Nur wenn die Behörde nach dem Erstattungsbescheid noch einen Bescheid zur Feststellung oder Durchsetzung der Forderung erlässt, verjährt der Anspruch erst nach 30 Jahren.
Solche Bescheide werden bislang selten erlassen, sodass Erstattungsforderungen des Jobcenters häufig verjährt sein dürften.
Daher berufen sich Jobcenter oft darauf, dass die Mahngebührenbescheide, die sie regelmäßig erlassen, als solche Bescheide zur Feststellung und Durchsetzung der Forderung zu werten seien. Dem hat das BSG nun einen Riegel vorgeschoben. Im Terminsbericht (die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor) heisst es dazu: „Die Mahnung […] einschließlich des Mahngebührenbescheides führten nicht dazu, dass die vierjährige in eine 30jährige Verjährungsfrist übergegangen ist.”
Es bleibt also in der Regel bei der vierjährigen Verjährungsfrist. Die Verjährung tritt immer zum Ende des Kalenderjahres, also zum 31.12. eines jeden Jahres ein. Das „angebrochene” Jahr, in dem der Verwaltungsakt erlassen wird, kommt hinzu. Beispiel: Das Jobcenter hat am 15. Juni 2017 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erlassen. Wenn nicht vor dem 31.12.2021 ein Feststellungs- oder Durchsetzungsbescheid ergangen ist (z.B. eine Aufrechnungserklärung), ist die Forderung zum 1. Januar 2022 verjährt. Der Betreffende müsste sich gegenüber dem Jobcenter dann auf Verjährung berufen.
von Robin von Eltz | 19. März 2021 | Allgemein
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat mit Beschluss vom 29.09.2020 – L 11 AS 508/20 B ER entschieden, dass die Regelung in § 67 Abs. 3 SGB II, wonach die Miete unter bestimmten Voraussetzungen für 6 Monate als angemessen gilt, auch bei einem Umzug in eine neue Wohnung gilt.
Dies hat weitreichende Konsequenzen:
Bezieher von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII erhalten bei einem erforderlichen Umzug auch dann ein Zusicherung des Jobcenters / Sozialamtes hinsichtlich der Miete für die neue Wohnung, wenn diese Miete über den Angemessenheitsgrenzen liegt. Das Amts muss die Miete dann zunächst in voller Höhe übernehmen. Wird zu Beginn des Bewilligungszeitraums umgezogen, beträgt die Frist 6 Monate. An diese 6 Monate schließt sich dann noch das Kostensenkungsverfahren gemäß § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II an, welches nochmals 6 Monate dauern kann. Im günstigsten Fall muss das Amts also die eigentlich unangemessene Miete für 12 Monate übernehmen.
Da die Miete der neuen Wohnung zunächst als angemessen gilt, muss ein auch Kautionsdarlehen gewährt und die Umzugskosten übernommen werden.
Wichtiger Hinweis:
Den Mietvertrag erst unterschreiben, wenn eine Zusicherung hinsichtlich der Miete, der Umzugskosten und der Gewährung eines Kautionsdarlehens beantragt und diese Zusicherungen auch tatsächlich vom Amt erteilt worden sind.
von Robin von Eltz | 23. Februar 2021 | Allgemein
Das Sozialgericht Karlsruhe hat in einem Beschluss vom 11.02.2021 – S 12 AS 213/21 ER entschieden, dass das Jobcenter zusätzlich zum Regelsatz entweder als Sachleistung wöchentlich 20 FFP2-Masken an den betreffenden Hartz4-Empfänger verschicken oder als Geldleistung hierfür monatlich weitere 129,- € zahlen muss.
Diese Entscheidung gilt nur für den betreffenden Leistungsbezieher in dem Verfahren. Dennoch stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich auch andere Sozialgerichte an dieser Entscheidung orientieren werden.
Wenn Sie Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII beziehen, sollten Sie deshalb bei Ihrem zuständigen Jobcenter / Sozialamt einen entsprechenden schriftlichen Antrag stellen. Setzen Sie für die Entscheidung eine Frist von 5 Tagen und stellen Sie sicher, dass Sie den Zugang Ihres Schreibens nachweisen können (am besten per Fax oder per Einschreiben mit Rückschein verschicken).
Sollte der Antrag abgelehnt werden oder innerhalb der Frist keine Reaktion erfolgen, können Sie sich gerne melden.