von Robin von Eltz | 21. März 2025 | Allgemein
1. Angemessenheitsfiktion von Kosten der Unterkunft während der Corona-Pandemie
Nach § 67 Abs. 3 SGB II galten während der Corona-Pandemie die Kosten für Unterkunft und Heizung unabhängig von deren Höhe für 6 Monate als angemessen. Voraussetzung war lediglich, dass im vorherigen Bewilligungszeitraum noch die tatsächlichen Unterkunftkosten vom Jobcenter übernommen worden waren. Es musste sich also um eine erstmalige Absenkung durch das Jobcenter handeln. Der Grund dafür lag darin, dass die Leistungsbezieher während der Pandemie nicht zum Umzug gezwungen werden sollten.
Diese sogenannte Angemessenheitsfiktion galt für alle Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 begonnen hatten.
2. Angemessenheitsfiktion bei einem Umzug
Lange war in der Rechtsprechung streitig, ob die Angemessenheitsfiktion auch dann gilt, wenn der Leistungsbezieher in dieser Zeit in eine unangemessen teure Wohnung umzieht. Die Rechtsfrage hat das BSG mit Urteil vom 14.12.2023 – B 4 AS 4/23 R dahingehend entschieden, dass die Angemessenfiktion auch für diese Fälle gilt.
3. Aktuelle Bedeutung
Viele Mandanten melden sich bei uns, weil das Jobcenter die Miete nicht in voller Höhe übernimmt. Manchmal stellt sich heraus, dass die Mandanten in der Zeit zwischen dem 01.03.2020 und 31.03.2022 umgezogen sind. In der Regel hatte das Jobcenter damals für den Umzug keine Zusicherung erteilt, weil die Miete unangemessen hoch war. Dabei wurde jedoch durch das Jobcenter übersehen, dass die Angemessenheitsfiktion gemäß § 67 Abs. 3 SGB II auch bei Umzügen zum Tragen kommt.
Dies hat zur Folge, dass das Jobcenter die Miete regelmäßig in tatsächlicher Höhe übernehmen muss, weil es für eine Absenkung an dem erforderlichen Kostensenkungsverfahren fehlt. Gleichzeitig kann rückwirkend für ein Jahr die Nachzahlung der Differenz zwischen der übernommenen und der tatsächlichen Miete verlangt werden.
von Robin von Eltz | 9. Oktober 2024 | Allgemein
1. Sachverhalt
Gelegentlich kommt es vor, dass Leistungsbezieher die Abschläge für die Betriebs- oder Heizkosten, die das Jobcenter bewilligt hatte, nicht in voller Höhe an den Vermieter weiterleiten (z.B. aufgrund eines finanziellen Engpasses). Weist die Betriebs- und Heizkostenabrechnung des Vermieters für das Jahr dann eine Nachzahlung aus, weigert sich das Jobcenter häufig diese zu übernehmen. Begründet wird das meist damit, dass es eigentlich gar keine Nachzahlung geben dürfte, wenn der Leistungsbezieher die bewilligten Abschläge in voller Höhe an den Vermieter weitergeleitet hätte. Der Leistungsbezieher sei also quasi „selber schuld“.
2. Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein Westfalen
In dem Beschluss vom 10.07.2013 – L 19 AS 1120/13 ist das LSG NRW dieser Argumentation entgegengetreten. Auch in einem solchem Fall sei die Nachzahlung durch das Jobcenter zu übernehmen. Wörtlich führte das Gericht aus:
„Soweit eine Nachforderung von Betriebs- oder Heizkosten in einer Summe fällig wird, ist sie als tatsächlicher aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen. Zweckwidrig verwandte Vorauszahlungen können mit dem Nachforderungsbetrag nicht verrechnet werden.“
3. Empfohlene Vorgehensweise
Gegen den Bescheid des Jobcenters, in dem die Übernahme der Nachzahlung abgelehnt wird, sollte deshalb Widerspruch eingelegt werden. Wird dieser trotz der genannten Rechtsprechung zurückgewiesen, hätte einer Klage vor dem Sozialgericht gute Erfolgsaussichten.
von Robin von Eltz | 23. September 2024 | Allgemein
1. Frist für die Einlegung eines Widerspruchs
Die Frist, innerhalb derer gegen einen Bürgergeldbescheid des Jobcenters Widerspruch eingelegt werden kann, beträgt normalerweise 1 Monat. Die Frist beginnt mit dem Zugang des Bescheides beim Empfänger.
2. Falsche Rechtsbehelfsbelehrung
Nach § 66 Abs. 2 S. 1 SGG beträgt die Widerspruchsfrist 1 Jahr, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig ist.
Bereits zwei Kammern des Sozialgericht Düsseldorf haben darauf hingewiesen, dass die aktuelle Rechtsbehelfsbelehrung in Bescheiden des Jobcenters deshalb unrichtig ist, weil danach die Übermittlung eines Widerspruchs auf elektronischem Wege nur mit einer qualifizierten elektronischen Signatur möglich sei. Dies entspreche jedoch nicht der Rechtslage nach § 36 a Abs. 2a Nr. 2 a) SGB I, da gemäß dieser Vorschrift ab dem 01.01.2024 nur noch eine einfache elektronische Signatur erforderlich ist.
3. Konsequenzen
Das bedeutet, bei wahrscheinlich allen Bescheiden des Jobcenters aus dem Jahr 2024 beträgt die Widerspruchsfrist nicht 1 Monat, sondern 1 Jahr. Es kann also auch jetzt noch (Stand: 23.09.2024) gegen diese Bescheide Widerspruch eingelegt werden.
von Robin von Eltz | 14. Juli 2024 | Allgemein
1. Typischer Sachverhalt
Grundsätzlich sind Bezieher von Leistungen nach dem SGB II verpflichtet, vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen und auch entsprechende Anträge zu stellen (z.B. Kindergeld, Eltergeld oder Unterhaltsvorschuss). Dementsprechend fordert das Jobcenter häufig dazu auf, solche Leistungen bei den entsprechenden Behörden zu beantragen.
Dies geschieht in aller Regel dann auch. Allerdings kommt es gelegentlich vor, dass diese vorrangigen Leistungen dann durch die andere Behörde wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt werden. Das kann verschiedene Gründe haben, z.B. im Falle von Unterhaltsvorschuss weil der Vater unbekannt ist oder generell einfach deshalb, weil die Mitwirkung aufgrund persönlicher Umstände nicht möglich war (z.B. Krankheit etc.).
Nachdem der entsprechende Ablehungsbescheid der anderen Behörde beim Jobcenter eingereicht wurde, erlässt das Jobcenter einen Versagungsbescheid und kürzt die Leistungen um den Betrag, den der Leistungsbezieher sonst von der anderen Behörde erhalten hätte.
2. Auffassung der Rechtsprechung
Nach – soweit ersichtlich – einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung ist diese Vorgehensweise der Jobcenter rechtswidrig (vgl. etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.12.2019 – L 9 AS 538/19). Eine Versagung von Leistungen durch das Jobcenter ist danach nur möglich, wenn der Antrag bei der anderen Behörde nicht vom Leistungsbezieher, sondern vom Jobcenter selbst gestellt worden ist. Dies ist jedoch meist nicht der Fall.
3. Zu empfehlende Vorgehensweise
Gegen den entsprechenden Bescheid des Jobcenters sollte also in der Regel Widerspruch eingelegt werden. Da das Jobcenter für die Bearbeitung des Widerspruchs nach dem Gesetz drei Monate Zeit hat, ist zur Beschleunigung der Angelegenheit meist noch ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht angeraten.
von Robin von Eltz | 30. März 2023 | Allgemein
Der Name: Jeder der bis jetzt Hartz4 bezogen hat, erhält ab 01.01.2023 automatisch das Bürgergeld.
Der Regelsatz erhöht sich bei Alleinstehenden auf 502 €, bei Partnern auf 451 €, Kindern im Hauhalt zwischen 18-25 Jahren auf 402, bei Kindern zwischen 14-17 Jahren auf 420 €, bei Kindern zwischen 6-13 Jahren auf 348 € und bei Kindern unter 6 Jahren auf 318 €.
Es gilt bei der Miete eine Karenzzeit von einem Jahr. Das bedeutet die Miete muss für dieses Jahr in voller Höhe übernommen werden. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Miete schon im letzten Jahr nicht voll übernommen wurde.
Die Freibeträge für die Anrechnung eines Erwerbseinkommens wurden erhöht. So kann bei einem Einkommen zwischen 520 – 1.000 € ein Anteil von 30 % behalten werden.
Sanktionen erfolgen jetzt nach einem dreistufigen System: Bei der ersten Pflichtverletzung mindert sich das Bürgergeld für 1 Monat um 10%, bei der zweiten für 2 Monate um 20% und bei der dritten für 3 Monate um 30 %.
Es gibt jetzt eine Bagatellgrenze für Rückforderungen: Beträge von unter 50 € darf das Jobcenter nicht mehr zurückfordern.